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1. Phelix Phage Test - Neue hochspezifische und sensitive diagnostische Methode im Sinne des Erreger-Direktnachweises bei Borreliose-Verdacht

2. Disulfiram - Eine neue substanzielle therapeutische Option in der Behandlung zeckenübertragener Krankheiten

Review von Dr. med. Wolfgang Klemann
Internistische Privatpraxis
Leopoldstr. 17
D-75172 Pforzheim

Stand Januar 2021

1. Phelix Phage Test: Eine neue, sehr sensitive diagnostische Methode zur laborchemischen Diagnose einer Borreliose:

A Breakthrough way to detect intracellular bacteria, and an answer to non-diagnosed ill people”

Auszüge aus der Testbeschreibung des Labors RED Laboratories N.V./ S.A.,

Z 1 Researchpark 100, Zellik 1731, Belgium;

Erklärung, warum Bakteriophagen als diagnostisches Instrument einer aktiven bakteriellen Infektion eingesetzt werden können (Übersetzung von Dr. W. Klemann):

Bacteriophagen gehören zu den einfachsten und primitivsten Lebensformen (Viren). Sie sind außerordentlich spezifisch für den bakteriellen Wirt, den sie zur Vermehrung infizieren (indem sie seinen Stoffwechsel umprogrammieren). Sie können ihren Wirt schnell infizieren und ihr genetisches Material in ihren Wirt einfügen. Infolgedessen produzieren sie eine große Anzahl von Kopien, die die Bakterien, die die Infektion verursachen, weiter infizieren (und in bestimmten Fällen dezimieren) können. Sie sind viel zahlreicher als die Bakterien/die Wirtszelle (es gibt 10 bis 100 Bakteriophagen pro Bakterium).”

Sie können die Bakterien auch für die klassische Behandlung anfällig machen, indem sie ihr genetisches Material verändern. Am wichtigsten ist, dass Bakteriophagen eine tödliche Wirkung (für die Wirtszelle) haben können. Phagen sind so klein, dass sie in bakterielle Biofilme eindringen und diese zerstören können. Solche Biofilme sind eine wichtige Barriere, die von Bakterien gegen Antibiotika gebildet werden und sie leisten daher einen wichtigen Beitrag zur Antibiotikaresistenz. Die Fähigkeit der Phagen, in Biofilme einzudringen, ermöglicht es ihnen, sich in den lokalisierten Zentren der bakteriellen Infektion in hohem Maße zu vermehren und die darin enthaltenen Bakterien zu zerstören; sie erzielen dadurch (auch) eine starke, aber lokalisierte therapeutische Wirkung.
Bakteriophagen sind allgegenwärtig und Teil des natürlichen „Ökosystems“ der Lebens- und Replikationszyklen von Bakterien. Das (neue) Konzept ist, dass wir nicht mehr nach den Bakterien suchen, sondern nach ihren obligaten Bakteriophagen. Das genetische Material der
Bakteriophagen ist spezifisch für die Bakterien, mit denen sie assoziiert sind. Dies bedeutet, dass verschiedene Bakterienarten unterschiedliche Bakteriophagen aufweisen. Wir (RED Laboratories) haben beschlossen, uns auf Bakteriophagen als Ziel für den direkten Nachweis einer Infektion zu konzentrieren. Bakteriophagen treten nur bei aktiven bakteriellen Infektionen auf;

Ein phagenbasierter Test ist daher ein direkter Beweis für eine aktive Infektion

Unsere aktuellen phagenbasierten Projekte konzentrieren sich auch auf eine Reihe anderer Bakterien, die bekanntermaßen an chronischen bakteriellen (zeckenübertragenen) Infektionen beteiligt sind wie Rickettsia, Bartonella, Sutterella und Mycoplasma. Bakteriophagen könnten ein diagnostisches Instrument werden, beruhend auf dem Prinzip dass - wenn (spezifische) Phagen gefunden werden - auch lebende Bakterien vorhanden sein müssen.

Eigener Erfahrungsbericht von Dr. W. Klemann in einem Fall von Neuro-Borreliose und der Veranlassung des o.g. Phagentests:

30-jähriger Patient mit einer liquorpositiven und serologisch gesicherten Neuro-Borreliose mit 3-jähriger Krankheitsvorgeschichte. Nach einem Zeckenstich kam es zum Auftreten von Schulter-Nackenschmerzen, Kopfschmerzen, Schluckstörungen, Muskelfaszikulationen und einer Dysästhesie.
Im Phagentest fand sich ein positives Testergebnis für Borrelia: “Positive Phage Borrelia DNA fragments detected “ - dies nach einer 3-monatigen antiinfektiven Kombinationstherapie, wodurch es zwar zu einer Besserung, aber (leider) zu keiner Beschwerdefreiheit gekommen war. Dies ist ein (weiterer) Fall, der beweist, dass es Verläufe von chronischer Borreliose gibt, bei denen auch durch mehrmonatige konsequente Kombinations-Antibiose (leider) keine Genesung erreichbar war.

2. Disulfiram - Eine neue substanzielle therapeutische Option in der Behandlung zeckenübertragener Krankheiten

Neue Aspekte zur Behandlung von Borreliose – aber auch der Co-Infektionen – ergeben sich durch den Einsatz von Disulfiram, ein Medikament, welches ursprünglich eingesetzt wurde, um alkoholabhängige Patienten, welche es geschafft haben Alkohol-abstinent zu werden, zu unterstützen. Die Wirkung von Disulfiram (Handelsname u.a. Antabus, Esperal) besteht darin, daß bei Konsum auch nur geringer Mengen von Alkohol es zu schlimmen Kopfschmerzen kommt, dadurch dass ein Enzym für den Abbau von Alkohol blockiert wird, sich dann aber Acetaldehyd accumuliert, welches genannten Kopfschmerz auslöst. Disulfiram soll über diesen Mechanismus Alkohol-abhängige Patienten davon abhalten, erneut Alkohol zu trinken.

Genanntes Disulfiram erwies sich nun in entsprechenden neueren Studien als äusserst wirksames Antiinfectivumes scheint gegen Borrelia wirksam zu sein, aber auch gegen den Malaria-Erreger (und damit auch gegen Babesia), gegen Staphylokokken, Streptokokken und Bartonella ! Dies ergibt sich aus einem Übersichtsartikel des amerikanischen Kollegen Daniel Kinderlehrer:

https://www.lymedisease.org/?s=disulfiram+breakthrough

Ein Behandlungsversuch mit Disulfiram erscheint mir in entsprechenden Fällen gerechtfertigt, zumal über wenig Interaktionen mit anderen Medikamenten berichtet wird – beginnend in niedriger Dosis wie in genanntem Artikel angegeben – dadurch kann die Verträglichkeit gut eingeschätzt werden. Disulfiram wird initial solitär eingenommen, dadurch vereinfacht sich die Therapie natürlich erheblich.

Zum Wirkmechanismus von Disulfiram:

Die Wirkung von Disulfiram ist wahrscheinlich darauf zurückzuführen ist, dass das lange Molekül mit 4 Schwefelatomen im Zentrum zu einem Ring geformt ist und somit zu einem Chelat (ringförmiges Molekül) wird, welches positiv geladene Teilchen, also Kationen wie Fe 2+, Cu 2+, Mangan 2+ usw. bindet. Alle Bakterien und auch einzellige Organismen benötigen aber Kationen (als Co-Enzym), um ihren normalen Stoffwechsel aufrechtzuerhalten - Disulfiram geht offenbar intrazellulär - dieser Mechanismus entzieht den Bakterien/ einzelligen Organismen die notwendigen Kationen, was letztendlich zum Absterben von Mikroorganismen führt. Disulfiram ist somit ein neues Antibiotikum mit einem breitem Wirkungsspektrum.

Kontraindikationen für Disulfiram

  • Ausgeprägte psychiatrische Komorbidität (akute Manien, Psychosen, Suizidalität) insbesondere mit hoher Impulsivität auf der Symptomebene;
  • Leberfunktionsstörungen (Transaminasen, alkalische Phosphatase, GGT > 3facher Normgrenzwert);
  • Epilepsie;
  • Periphere Polyneuropathie;
  • Schwangerschaft;
  • Nieren- oder Herzerkrankungen;
  • Relative Kontraindikation: Diabetes mellitus.

Vor Therapie

  • EKG (optional)
  • Labor: Leberwerte (Transaminasen, alkalische Phosphatase, GGT), Kreatinin
  • Der Patient sollte drei Tage Alkohol- abstinent sein, bevor das Medikament erstmals eingenommen wird.

Labordiagnostik

  • Die Leber-typischen –Enzyme dürfen max. das 3-fache der Norm bei Behandlungsbeginn betragen. Empfohlen wird in den ersten drei Monaten 14 tgl., danach 2-4 x jährliche Kontrolle von ALAT und ASAT.

Nebenwirkungen

  • Vorübergehend Benommenheit, Antriebsmangel aber auch –steigerung, allergische Hautreaktion, Kopfschmerzen, Durchfall, Verstopfung, metallischer/ knoblauchähnlicher/schwefliger Geschmack im Mund.
  • Periphere Neuropathie, charakterisiert durch schmerzhafte Kribbelparästhesie an Händen und Füßen.
  • Nach längerer Einnahme (6-12 Monate) gelegentlich Libidoverlust/ Impotenz.
  • Medikamentös induzierte Hepatitis (sehr selten 1: 25000). Bei Auftreten dieser Komplikation muss die Behandlung beendet werden und stellt für den Patienten aufgrund der grossen Gefahr des Wiederauftretens eine Kontraindikation für weitere Behandlungsversuche mit Disulfiram dar.
  • Cave: Cytochrom P-450 Hemmung (Interaktion mit einigen Benzodiazepinen).

Interaktionen

  • Disulfiram verstärkt die Wirkung gerinnungshemmender Medikamente und die des Phenytoin durch eine verminderte Metabolisierung besagter Pharmaka.
  • Disulfiram führt möglicherweise zu einer Demethylierung von Diazepam und Chlordiazepoxid, was zu einem erhöhten sedierenden Effekt der entsprechenden Pharmaka führt.
  • Eine Kombination mit Metronidazol kann zu Verwirrtheitszuständen führen.
  • Interaktionen s. auch „drug interaction checker“ von Medscape.

In der Anwendung von Disulfiram gibt es neue Aspekte im Sinne der Kombination von Disulfiram mit Antibiotika: Disulfiram kann mit den meisten Antibiotika kombiniert werden - siehe dazu auch "Drug Interaction Checker" von Medscape (Internet).

Nicht zuletzt aufgrund der Empfehlung / positiven Erfahrung amerikanischer Kollegen (einschließlich R. Horrowitz, D. Kinderlehrer, K. Liegner) habe ich seit wenigen Monaten Disulfiram in Kombination mit Antibiotika und - im Falle einer Babesia-Koinfektion - in Kombination mit Atovaquon / Proguanil und Primaquin – eingesetzt; wie zu erwarten kam es zu einer Herxheimerartigen Symptomverstärkung, so dass die Dosis von Antibiotika / Anti-Malariamedikamenten niedrig gewählt werden sollte - mit anderen Worten:

Disulfiram scheint die Wirkung von Antibiotika / Anti-Malariamedikamenten in den meisten Fällen signifikant zu erhöhen, so dass die Dosis von Antibiotika / Malariamedikamenten reduziert werden muss, aber auch die Dosis von Disulfiram!

Dies hilft, die Nebenwirkungsrate von Disulfiram zu minimieren, ebenso wie diejenige von Antibiotika / Anti-Malariamedikamenten. All dies sind sehr hoffnungsvolle Erfahrungen......

Es ist jedoch zu beachten, dass unabhängig davon, welches Antiinfektivum verwendet wird, keine Eliminierung von Krankheitserregern durch Antiinfektiva erreicht werden kann, sondern bestenfalls das Absterben von Krankheitserregern und dies am Ort des infektiösen Ereignisses - im Falle einer Lyme-Borreliose (im Stadium der Dissemination) im Gewebe, in den Wänden der Kapillaren usw. - Abgetötete Krankheitserreger müssen dann vom zellulären Immunsystem beseitigt werden - dies ist jedoch zunächst ein entzündlicher Prozess und verstärkt die ursprünglichen Symptome (Herxheimer-Reaktion) - dies kann  entzündliche Rötungen, möglicherweise Schmerzen, Schwindel, Kopfschmerzen, Juckreiz, rote Augen usw. verursachen.

Unter Berücksichtigung dieses Wirkmechanismus wird deutlich, dass selbst Disulfiram in Kombination mit Antiinfektiva nicht zu einer schnellen Genesung führt – auch diese Behandlung braucht  Zeit; Es wird jedoch eine erhebliche Verringerung der Krankheitserregerlast erreicht, was letztendlich zu wirklicher Genesung führen kann.

Erfahrung mit Langzeitpatienten: Durch die Anwendung von Disulfiram in zwei- bis viermal 8-wöchigen Behandlungszyklen - zuletzt in Kombination mit Antibiotika in niedriger Dosis - konnte letztendlich Genesung erreicht werden.

Ich rate in entsprechenden Fällen zu einem Behandlungsversuch mit Disulfiram 500 mg (Esperal-Tabl. = Handelsname des französischen Präparates) in initial niedriger Dosis von 0-0-1/4 Tabl., anfangs nur jeden 2. bis jeden 3.Tag (abhängig von zu erwartender Herxheimer-artiger Symptomverstärkung). Im weiteren Verlauf dann allmähliche Dosis-Steigerung bis max. 0-0-1/2 Tabl. (250 mg/Tag) über zunächst 8 Wochen empfohlen, danach mehrwöchige Disulfiram-Pause. Danach evtl. neuerliche Verordnung von Disulfiram über 4-8 Wochen, wiederum in initial niedriger Dosis, je nach verbleibenden Symptomen.

Ein Behandlungs- und Dosierungsbeispiel bei Borreliose/Bartonella-Co-Infektion:

Beginn mit Esperal 500 mg 0-0-1/4, Überprüfung der Leberwerte nach einer Woche !!!!! Wenn die lebertypischen Enzyme nicht ansteigen, zusätzlich Azithromycin 250 mg anfänglich 1-0-0 (Azithromycin wirkt sowohl gegen Borrelia als auch Babesia als auch Bartonella ! ), sofern darunter keine starke Herxheimer-artige Symptomverstärkung auftreten sollte, dann zusätzliche Gabe von Pyrazinamid 500 mg 0-0-1 - eine höhere Dosis ist im weiteren Verlauf wahrscheinlich nicht erforderlich, da die Kombination die Wirkung von Pyrazinamid erhöht. Je nach Beschwerdebild im Verlauf wäre dann über den Einsatz weiterer Antiinfektiva zu entscheiden.

r 2021